Im klassischen Anwaltsgeschäft ist der Rechtsanwalt die Produktion. D.h. der Output, also das was verkauft werden kann, hängt stark am Anwalt. Der Ressourcenengpass sind somit hauptsächlich die Stunden des Anwalts, wenn man von einem stundenorientierten Geschäftsmodell ausgeht, was wohl noch der Großteil der Kanzleimodelle darstellt.

Grundsätzlich gilt, wenn man als Einzelanwalt im Monat 160 Stunden arbeitet, sollen alle Kosten inkl. natürlich der eigene Gehalt abgedeckt sein. Ein kleiner Gewinn sollte auch noch überbleiben, um ein finanzielles Polster aufbauen zu können.

Für kleine Anwaltskanzleien empfehlen wir die Ermittlung des Stundensatz mit dem Top down Ansatz. Also, wir legen fest, wie viel wir pro Monat verdienen und wie viel wir pro Monat arbeiten wollen. Wir ermitteln unsere Kosten und berechnen den Stundensatz. Danach stimmen wir noch den ermittelten Stundensatz mit der Konkurrenz ab.

„Nur wer weiß, wohin er will, kann sein Unternehmen steuern.“

Wovon hängt der Stundensatz ab?

Die Stundensatzkalkulation für kleine Anwaltskanzleien hängt von mehreren Faktoren ab.

  • Monatlicher Verdienst
  • Anzahl der Arbeitsstunden
  • Kosten
  • Marktpreise

Monatlicher Verdienst

Wollen Sie 3.000.-, 6.000.- oder 12.000 pro Monat verdienen? Natürlich möchte jeder so viel wie möglich verdienen. Sie sollten aber einen realistischen Verdienst ansetzen. Es muss Ihnen bewusst sein, wenn Sie EUR 12.000.- verdienen wollen, müssen Sie bei einem Stundensatz von EUR 300.- 30 Stunden mehr arbeiten, als wenn Sie EUR 3.000.- verdienen wollen. Diese 30 Stunden müssen on Top sein. Das heißt, um 30 Stunden mehr zu verdienen, werden Sie auch viele unbezahlte Stunden zusätzlich für Akquise aufwenden. Diese Zeit wird Ihnen nicht bezahlt. Aus den 30 bezahlten Stunden werden dann gleich 50 Arbeitsstunden. Bei 20 Arbeitstagen pro Monat sind das 2,5 Stunden Mehrarbeit pro Tag. Oder, wenn Sie normalerweise um 18:00 nach Hause gehen, werden Sie dann um halb 9 abends das Büro verlassen. Und das jeden Tag! Setzen Sie deshalb einen Verdienst an, den Sie auch langfristig, bei entsprechender Work-Life-Balance, durchhalten können. Fangen Sie daher eher niedrig und bescheiden an. Ermitteln Sie, was Sie für das Überleben (Familie, Freizeit,…) monatlich benötigen und schlagen Sie anfangs 15% dazu, um einen Polster aufzubauen.

Anzahl der Arbeitsstunden

Der Stundensatz hängt davon ab, wieviel Stunden Sie im Monat arbeiten möchten. Es ist ein Unterschied, ob Sie im Monat 160 oder 200 Stunden arbeiten. Wenn Sie weniger arbeiten wollen, müssen Sie den Stundensatz nach oben anpassen, damit Sie die Kosten decken und einen Gewinn erwirtschaften können. Es geht einher, mit der allgemeinen Ausrichtung Ihrer Kanzlei. Wenn Sie weniger arbeiten wollen, müssen eher hochpreisige Aufträge übernommen werden bzw. versucht werden, diese zu bekommen. Bedenke Sie dabei, dass Sie auch mal Urlaub haben oder krank sein werden.

Eine einfache Berechnung der Arbeitsstunden pro Monat.

Arbeitstage pro Woche 5 Tage
Arbeitszeit 40 Stunden / Woche 52 Wochen 2080
abzgl. Urlaub 25 Tage 8 Stunden 200
Feiertage 10 Tage 8 Stunden 80
Krankheit 10 Tage 8 Stunden 80
Fortbildung 5 Tage 8 Stunden 40
Stunden Arbeitszeit pro Jahr 1600
Stunden Arbeitszeit pro Monat 140
produktiver Auslastungsgrad in % 60 84
* Produktiver Auslastungsgrad: Wie hoch ist die Auslastung
vom Klienten bezahlten Stunden in Prozent

Diese Berechnung zeigt, dass Sie mit 84 verrechenbaren Stunden pro Monat kalkulieren.

Kosten

Kosten müssen bezahlt werden. Die Kosten, die für die Aufrechterhaltung des monatlichen Betriebes notwendig sind, müssen gedeckt sein.

Wichtig: Der Lohn des Anwalts ist nicht optional!

Führen Sie eine Liste mit allen Zahlungen / Aufwendungen, die Sie jeden Monat zu leisten haben. Vergessen Sie dabei nicht die Zahlungen, die pro Quartal und pro Jahr anfallen. Versuchen Sie zusätzlich, alle unregelmäßigen Zahlungen ebenfalls zu erfassen und auch alle Kreditzahlungen (der Stundensatz sollte bei kleinen Unternehmen mit wenig Eigenkapital bzw. Rücklagen auf die Liquidität ausgerichtet sein, deshalb empfehlen hier bewusst, nicht die Afa -Absetzung für Abnutzung zu verwenden, sondern die monatlichen Zahlungen für Kredite). Wenn Sie schon eine Zeitlang arbeiten, schauen Sie sich alle Zahlungen Ihres Bankkontos eines Jahres an und notieren Sie diese in einer Liste. Schlagen Sie dann ca. 15% hinzu, um einen Puffer zu haben.

Erstellen Sie eine Liste mit allen Zahlungen / Aufwendungen

Kostenart EUR pro Jahr
Personal (1 MA ca. 2.500.- brutto) 45.000
Büro, Raumkosten 12.000
Werbung 6.000
KFZ 4.000
Unternehmerlohn 70.000
Kredite für Büroeinrichtung etc. 12.000
Summe 157.000
Aufschlag 15% (Wagnis, kalk. Zinsen, etc.) 23.550
Gesamtjahreskosten 180.550
Kosten pro Monat 15.046

In dieser Berechnung haben Sie monatliche Kosten von EUR 15.046.-

Marktpreise

Im harten Wettbewerb mit anderen Anwälten müssen Sie natürlich auch die Stundensätze Ihrer Anwaltskollegen betrachten, denn der Preis ist für das Klientel der Rechtsanwälte wichtig. Ein zu hoher Stundensatz wird eher Klienten zu anderen Anwälten treiben. Ein zu niedriger Stundensatz wird eventuell nicht alle Kosten decken. Recherchieren Sie im Internet oder Fragen Sie Bekannte und Freunde nach Preisen von Ihren Kollegen in Ihrem Gebiet. Vergleichen Sie aber nicht Äpfel mit Birnen. Stundensätze können abhängig vom Fachgebiet variieren.

Wenn Sie aufgrund der Marktbedingungen die Stundensätze nach unten anpassen müssen, müssen Sie entweder mehr produktiv arbeiten oder die Kosten senken. Wenn Sie in der glücklichen Lage sind, die Preise nach oben anpassen zu können, können Sie entweder weniger arbeiten, mehr investieren oder mehr Rücklagen / Reserven bilden.

Stundensatzberechnung

Kosten (inkl. Aufschlag) / Anzahl produktiver Stunden = Stundensatz

15.046 / 84 = 179,18

Wenn Sie 40 Stunden pro Woche arbeiten, Sie ca. EUR 70.000.- vor Steuern (= ca. 3.400.- netto / Monat) verdienen wollen, müssen Sie einen Stundensatz von EUR 180.- bei einem Auslastungsgrad von 60% festlegen.