Zeitmanagement und die Selbstorganisation sind im Beruf des Anwalts ein wichtiger Faktor. Betriebswirtschaftlich gesehen ist Zeit als Einzelanwalt, mit der Möglichkeit nur bedingt fachliche Arbeit auslagern zu können, ein begrenztes Gut. Zeit ist auch deshalb im Anwaltsberuf wichtig, da Zeit am Häufigsten verkauft wird. Der Wandel hin zu Produkten ist zwar im Gange, allerdings überwiegt noch die Abrechnung nach Zeit (Stundensatzabrechnung). Dem Zeitmanagement muss deshalb besonderes Augenmerk verliehen werden. Zeitmanagement funktioniert nur, wenn man Zeiten erfasst, und zwar alle Zeiten. Die Zeiten mit dem Mandanten, genauso wie die Zeit für administrative Tätigkeiten und alle anderen Tätigkeiten, die Zeit beanspruchen.
„Erfolgreiche Anwälte wissen, was wichtig ist!“
Wenn man an Zeitmanagement denkt, denkt man an Prioritäten. Also was muss ich als erstes tun, mit dem Ziel eine bestimmte Reihenfolge meiner Aufgaben zu erhalten? Das ist allerdings nicht ganz so einfach, allerdings wenn man sich weitere Hilfen holt, ist das Ganze mit etwas Übung machbar. Diese beiden Hilfen heißen:
- Wichtigkeit
- Dringlichkeit
Der Grundsatz der Wichtigkeit
Wer Erfolg sucht, orientiert sich an den wichtigen Sachen. Erfolgreiche Führungskräfte wissen, was für sie und für ihr Unternehmen wichtig ist. Sie konzentrieren sich darauf und verfolgen es nachhaltig. Eine Hilfe dabei ist, sich ständig zu fragen, was bedeutet das, was ich vorhabe und erledigen will für den Erfolg meiner Kanzlei.
Der Grundsatz der Dringlichkeit
Es ist praktisch nie möglich, nur die wichtigen Dinge zu tun. Es gibt auch dringliche Sachen, die erledigt werden müssen, aber nicht unbedingt wichtig im Sinne des Grundsatzes für Wichtigkeit sind. Es gibt viele Faktoren, die ein Arbeiten an wichtigen Dingen verhindern, trotz aller möglichen Abschirmungsversuche. Dringliches Handeln ist von meist exogener Natur verursacht. Also eine gewisse Fremdbestimmung meiner Prioritäten. Dies muss einem bewusst sein. Als Beispiel sei ein hereinkommendes Telefonat oder unerwarteter Besuch genannt. Sie müssen darauf reagieren und müssen eine wichtige Arbeit unterbrechen.
Der Tagesplan richtet sich also nicht nur nach wichtigen Dingen. Es gibt Termine, die vorbestimmt und einzuhalten sind und es gibt dringliche Angelegenheiten, die zu erledigen sind. In Folge kann man sagen, dass die Wichtigkeit und die Dringlichkeit die Aspekte für die Tagesplanung sind.
Merke: Manche wichtigen Dinge sind auch dringlich, nicht alle dringlichen Dinge sind wichtig.
Zusammenfassend erhalten wir eine Liste, die Aufgaben enthält, wobei jeder Aufgabe die Aspekte Wichtigkeit und Dringlichkeit umgehängt werden.
Aufgabenlisten vs. Tagesplanung
Eine Aufgabenliste beinhaltet Aufgaben, die erledigt werden müssen. Idealerweise hat jede Aufgabe schon eine Zuordnung zur Wichtigkeit und Dringlichkeit. Die Dringlichkeit kann mit einem Datumstempel markiert werden. Die Wichtigkeit teilen Sie in drei Stufen (niedrig, mittel, hoch) ein.
Als nächsten Schritt tragen Sie die Aufgaben in Ihre Tagesplanung ein. Aufgaben die erledigt wurden, werden als erledigt gekennzeichnet. Aufgaben die nicht geschafft wurden, werden auf den nächsten Tag kalendiert.
Planen Sie täglich am Ende des Arbeitstages ca. 10 Minuten für die Tagesplanung ein.
Delegieren von Aufgaben
Wir wissen nun schon, bis wann was zu tun ist. Es stellt sich jetzt die Frage: Muss ich das selbst tun?
Ein wichtiges Werkzeug des Zeitmanagements ist die Fähigkeit, alles zu delegieren, was man nicht selbst tun muss. Überlegen Sie in diesem Zusammenhang auch, Aufgaben zu delegieren, die ein anderer besser machen kann. Nicht jede Tätigkeit muss einem liegen.
Zugeben, Anwaltsarbeit ist schwer planbar, weil sie sehr individuell ist und nur teilweise standardisierbar ist. Wenn Sie delegieren, bleibt immer die Frage nach der Qualität. Wird die Arbeit so erledigt, dass sie meinen Qualitätsansprüchen genügt? Folglich bedeutet delegieren auch zusätzliche Arbeit, man muss die Arbeit der Leute kontrollieren. Ein Teil der gewonnenen Zeit muss wieder in neue hinzugekommene Arbeit investiert werden. Im Rahmen des Delegierens muss auch das Kritisieren einer Arbeit so stattfinden, dass es diejenigen die es betrifft nicht demotiviert.
Im Buch “Anwaltsunternehmen führen” (Prof. Dr. Benno Heusen, C.H.Beck) wird die Idee genannt, einem jüngeren Rechtsanwalt einfache und hoffnungslose Fälle zu übergeben. Der junge Anwalt kann so gefahrlos lernen, ohne großen Schaden zu verursachen. Er kann praktisch nur gewinnen. Dies ist wahrlich eine gute Idee in zweierlei Hinsicht. Zum einen wird der Anwalt sofort entlastet, zum anderen kann der Anwalt lernen, wie man richtig delegiert und Mitarbeiter auch bei Misserfolgen motiviert, damit sie gestärkt daraus hervorgehen.
Eine weitere Form der Delegation ist die Digitalisierung, Standardisierung und Automatisierung von Prozessen und Tätigkeiten. Also die Auslagerung, Delegation an die Technik. Hier gibt es vielfältige Möglichkeiten. Denken Sie dabei auch immer, wie Ihnen die Digitalisierung bzw. die Automatisierung helfen kann, eine Tätigkeit schneller, effizienter zu erledigen.
Autor: Dietmar Harb